Nach der Vorschrift des § 1568a I BGB kann bei einer Scheidung ein Ehegatte vom anderen verlangen, dass er die Wohnung behalten darf. Dieser Ehegatte muss angesichts des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der allgemeinen Lebensverhältnisse, aber stärker auf die Wohnung angewiesen sein als der andere.
Im entschiedenen Fall stritten die Eheleute darum, wer nach rechtskräftiger Scheidung die gemeinsame Wohnung weiter bewohnen dürfe. Die Ehegattin hatte die Wohnung im Jahr 2004 angemietet. Der Ehegatte war 2011 eingezogen. Das Amtsgericht hatte die Ehe der Beteiligten geschieden und die Wohnung der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Den Widerantrag des Ehemannes hatte das Amtsgericht abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Ehemannes, der die Wohnung für sich verlangte.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in seiner Entscheidung vom 16.11.2021, zu Aktenzeichen: 13 UF 73/21 ausgeführt, dass es für die Beantwortung der Frage, wer am stärksten auf die Ehewohnung angewiesen ist, eine Gesamtabwägung aller in Betracht kommender Umstände erforderlich ist, die sich nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten bestimmt.
Maßgeblich im Zusammenhang mit dieser Gesamtabwägung sind folgende Gesichtspunkte:
- Was ist für das Wohl in der Wohnung lebender Kinder am besten?
- Wie sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehepartner?
- Wie ist der Gesundheitszustand der Ehepartner?
- Wer hat den kürzesten Weg zum Arbeitsplatz?
- Ist die erforderliche Betreuung des Angehörigen eines Ehepartners sichergestellt?
- Wer hat die Ehewohnung schon vor der Ehe bewohnt?
- Hat ein Ehepartner bereits erhebliche Mittel vor Einzug des anderen Ehepartners in die Wohnung investiert?
- Wer hat zu wem in der Nähe soziale Kontakte?
- Wer hat welche Arbeiten in der Wohnung ausgeführt?
- Wer hat die Miete bezahlt?
- Bestehen dingliche Rechte eines Ehegatten oder eines Dritten an der Wohnung?
Wenn einer der Ehegatten also ein großes Interesse am Verbleib in der Wohnung hat, dann muss er diese Gründe im Sinne der vorstehenden Fragestellungen auch konkret darlegen und untermauern, damit ein Gericht diese bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen kann.